10.06.2022
Rubrik: Gewerbe

Aufgepasst

Tücken Betriebshaftpflicht – nicht alle verursachten Schäden sind abgesichert

Tücken Betriebshaftpflicht – nicht alle verursachten Schäden sind abgesichertBeschädigt ein Mitarbeiter das Telefon eines Kunden, kommt dafür die Betriebshaftpflichtversicherung auf.Foto: philippzurawski / pixabay

Mit einer Betriebshaftpflichtversicherung haben Unternehmen das Rundum-Sorglos-Paket, wenn es um Schadensregulierungen geht. Weit gefehlt, denn abgedeckt sind nur Personen- oder Sachschäden, welche im Rahmen der beruflichen Tätigkeit auftreten. Generell gehören Vermögensschäden nicht dazu, denn nur Vermögensfolgeschäden werden übernommen.

Diese Risiken sind in der Betriebshaftpflicht abgedeckt

Für viele Branchen bzw. Berufsgruppen ist die Betriebshaftpflichtversicherung nicht verpflichtend, für andere schon. Generell sollte jeder renommierte Unternehmer eine Betriebshaftpflichtversicherung abschließen, um sich vor Schadenersatzansprüchen zu schützen und eine reibungslose Schadenersatzabwicklung für seine Kunden zu gewährleisten.

Landläufig werden Betriebshaftpflicht und Berufshaftpflichtversicherung (u. a. von Hiscox) gern verwechselt. Die Berufshaftpflichtversicherung konzentriert sich auf Sach- und Personenschäden sowie resultierende Vermögensschäden. Die Berufshaftpflichtversicherung sichert vor allem die Risiken der beruflichen Ausübung Fokus auf Vermögensschäden oder Sach- und Personenschäden ab. Da das Schädigungsrisiko in einigen Berufsgruppen bzw. Branchen höher ist, ist eine Berufshaftpflichtversicherung für sie verpflichtend (u. a. bei Architekten oder Rechtsanwälten).

Hinweis: Einige Policen sind so konzipiert, dass die Berufshaftpflichtversicherung Bestandteil der Betriebshaftpflichtversicherung ist. Der Schutz beider Versicherungen ist vor allem deshalb sinnvoll, da Rechtsstreitigkeiten immer teurer werden und Unternehmen bei unzureichender Liquiditätsdecke ruinieren können.

Die Deckungssumme reicht nicht: genau kalkulieren

Abhängig von der Branche können Personen- und Sachschäden sowie Vermögensfolgeschäden häufig in die Millionenhöhe gehen. Damit die Versicherungssumme für etwaige Risiken des eigenen Unternehmens ausreicht, sollte sie optimal kalkuliert werden. Ein Basis-Versicherungsschutz beginnt mit einer Deckungssumme von 3 Millionen Euro.
Mit Blick auf die individuelle Risikobewertung kann eine Erhöhung der Versicherungssumme sinnvoll sein. Denkbar sind Erhöhungsschritte auf 3 Millionen oder 10 Millionen.

Diese Schadenbeispiele übernimmt die Betriebshaftpflicht nicht

Ob die Betriebshaftpflichtversicherung Schadensfälle übernimmt, hängt der Praxis häufig von Details ab. Grundsätzlich gilt: Verursacht das Unternehmen bzw. dessen Mitarbeiter einen Personen- oder Sachschaden, übernimmt die Betriebshaftpflichtversicherung die Regulierung.

Be- und Entladeschäden werden nicht übernommen, wenn…

Ein Unternehmen liefert die vertraglich vereinbarten Materialien an einen Kunden. Die Baustoffe werden ebenfalls wie vereinbart an der Bordsteinkante abgestellt. Beim Ausladen öffnen die Mitarbeiter die Tür des Transporters, um sich beim Entladen Platz zu schaffen. Kurz darauf parkt ein anderes Kfz ein und touchiert die Tür. Mit der Begründung, dass der Transporter unsachgemäß geparkt war, erhielt der Fahrer Schadensersatzansprüche.
Sofern sich die Mitarbeiter bei der Materiallieferung an alle Vorgaben im Straßenverkehr gehalten haben, reguliert die Betriebshaftpflichtversicherung in diesem Fall nicht. Stattdessen verweist sie darauf, dass es eigenes Verschulden des anderen Verkehrsteilnehmers ist. Anders Sie die Sachlage aus, wenn Mitarbeiter des Unternehmens beim Öffnen der Tür ein bereits geparkt das Fahrzeug beschädigen. Hier übernimmt die Betriebshaftpflichtversicherung den Schaden.

Tätigkeitsschäden bei der Arbeitsausführung: die Betriebshaftpflicht reguliert nur bei Eigenverschulden

Übernehmen Mitarbeiter eines Unternehmens Installationsarbeiten bei einem Kunden, können trotz sorgfältiger Arbeitsweise und Vorbereitung Beschädigungen entstehen. So beispielsweise eine Lampe installiert werden und bilden sich durch zu tief gebohrte Löcher für die Halterung Risse in der Wand, übernimmt die Betriebshaftpflicht die damit verbundenen Kosten.
Anders ist die Sachlage, wenn der Kunde ausdrücklich darauf besteht, dass Mitarbeiter die Lampe an einer Wand montieren, welche hierfür nicht geeignet ist. Weisen die Mitarbeiter den Kunden ausdrücklich darauf hin und werden dennoch angehalten, die Arbeiten auszuführen, können sie für entstehende Schäden nicht haftbar gemacht werden.

Verletzt sich ein Kunde aufgrund der Unachtsamkeit eines Mitarbeiters, muss die Betriebshaftpflichtversicherung dafür einspringen.Shutterbug75 / pixabay

Wasserschäden werden übernommen, aber…

Noch schnell einen externen Beratungsbesuch beim Kunden in den eigenen Büroräumen und eine Tasse Tee vor dem Meeting zubereiten. Plötzlich Hektik, denn das Meeting wurde vorverlegt. Bei so viel Stress kann das Schließen des Wasserhahnes schnell zur Nebensache werden. Läuft das Wasser weiter und beschädigt womöglich Interieur oder Räumlichkeiten beim Kunden, kann der Mitarbeiter des Unternehmens dafür haftbar gemacht werden. Die Betriebshaftpflichtversicherung übernimmt die Schadensregulierung anstandslos.
Was passiert, wenn der Mitarbeiter Wasserhahn geschlossen hat, dieser aber aufgrund einer bekannten Fehlfunktion gar nicht optimal schließen kann? Ein strittiges Thema, bei dem die Haftpflichtversicherung vor der Regulierung mit Sicherheit noch einmal nachhaken wird. Stellt sich bei der Ermittlung heraus, dass der Wasserhahn seine Funktion gar nicht hätte erfüllen können und durch den Hausmeisterdienst des Unternehmens nicht ordnungsgemäß getauscht wurde, übernimmt die Betriebshaftpflicht des Hausmeisterunternehmens die Schadensregulierung, allerdings nicht die Haftpflicht des externen Beraters.

Personenschäden werden immer abgedeckt – falsch!

Der Winter hat sein schönstes Kleid angelegt und Besucher strömen in die Unternehmenszentrale der Beispiel GmbH. Durch die rutschige Oberfläche vor dem Eingang fällt ein Besucher hin, bricht sich das Bein und stellt Schadensersatzansprüche an das Unternehmen. Theoretisch müsste hier die Betriebshaftpflichtversicherung einspringen, denn bekanntermaßen sind durch sie Sach- und Personenschäden versichert.
Natürlich ist das Unternehmen in der Winterdienst-Pflicht. Doch das Unternehmen kann diese Leistung beispielsweise an Dritte abgeben. Sind Auftragnehmer ihrer vertraglich zugesicherten Winterdienst-Pflicht nicht nachgekommen, wird ihre Betriebshaftpflichtversicherung dafür in Regress genommen. Die Betriebshaftpflichtversicherung der Beispiel GmbH kommt für diese Ansprüche nicht auf. Um diesen Sachverhalt zu klären, muss die Beispiel GmbH ihrem Auftragnehmer nachweisen, dass dieser seine Vertragspflichten verletzt hat.

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